Gott spricht unsere Sprache














Eine Niasbibel zum Jubiläum



Zwei Computer laufen im Büro, das sich die Liturgie- und Bibelkommission der Diözese Sibolga teilen. Der Ventilator scheint die Luft lediglich in Stücke zu teilen, viel Kühlung bringt er nicht im tropisch heißen Klima auf Nias. Dafür liegt die indonesische Insel zu nahe am Äquator.

Die ehemalige Kapelle eines Behindertenheimes in Gunungsitoli auf der Insel Nias bietet den rechten Rahmen für die Arbeit von Br. Hadrian Hess. Nach 20 Jahren als Pfarrer mehrerer Außengemeinde kam der deutsche Missionar 2001 hierher, um sich hauptamtlich um die Gestaltung der liturgischen Bücher in der indonesischen Diözese im Norden Sumatras zu kümmern. 20 Veröffentlichungen zeigt er stolz. Die Bandbreite reicht vom Messbuch bis hin zum Kurs für die Ehevorbereitung. Es gibt aber auch Gesangbücher und ein eigenes Buch für Kindergottesdienste. Die meisten Veröffentlichungen sind in niasischer Sprache. Aber auch Ausgaben in der Nationalsprache Bahasa Indonesia (Indonesisch) gibt es.

An einem der beiden Computer sitzt Br. Hadrian mit seinem einheimischen Sekretär. Seit August 2004 arbeiten sie gemeinsam an einer neuen Bibel in der Inselsprache. „Wir feiern 2005 das 50 jährige Jubiläum der Deutschen und Südtiroler Kapuziner auf Nias. Da habe ich eine solche Bibelausgabe als Jubiläumsgeschenk vorgeschlagen. Man hat den Vorschlag angenommen und mich mit der Durchführung beauftragt“, erklärt der Wagshurster Kapuziner, der die Sprache und Kultur der Inselbewohner gut kennt. Studiert hat er Liturgiewissenschaften aber die Bibelwissenschaft war stets eine seiner Leidenschaften.

Bis zum Jahr 2007 soll die Neuausgabe des Neuen Testamentes in der Nias-Sprache fertig sein. Ein Drittel der Texte wurde bereits früher für die Bibellesungen in den Gottesdiensten übersetzt. Im Januar 2005 konnte daher bereits die Übersetzung des Matthäus-Evangeliums abgeschlossen werden.

Die Bibel, die momentan auf Nias benutzt wird, hat der protestantische Missionar Heinrich Sundermann Ende des 19. Jahrhunderts herausgegeben. Wie alle „lebenden Sprachen“ hat sich auch die Niassprache seitdem weiterentwickelt. Vor allem aber Schreibweise. „Die alte holländische Schreibweise Sundermanns ist für unsere jungen Leute heute kaum mehr verständlich“, begründet Br. Hadrian die Notwendigkeit seiner Neuausgabe. „Die Protestanten haben begonnen, eine Übersetzung aus dem Englischen anzufertigen. Wir Katholiken waren bei diesem Unternehmen leider nicht willkommen.“ Aber die Schwierigkeiten in der Ökumene sind nicht der einzige Grund. Der Kapuziner erklärt, dass es auch einige inhaltliche Probleme mit der evangelischen Übersetzung gibt. So verwendet die evangelische Kirche für die Taufe einen Begriff der alten Adat-Religion. „Sie schreiben mit Wasser bestreichen. Das war ein alter Segnungssritus bei den Niasern. Wir glauben, dass das nicht den Gedanken der Neugeburt wiedergibt, der durch das Eintauchen bei der biblischen Taufe zum Ausdruck kommt. Also werden wir, wie bei der Taufe, fanasa, d.h. Bad sagen.

Der erste Übersetzer für liturgische Bücher auf Nias war übrigens ein Lehrer, der als Kommunist verdächtigt wurde und daher vom staatlichen Schuldienst suspendiert worden war. Br. Hadrian wundert sich noch heute, mit wie viel Geschick und Einfühlungsvermögen dieser Mann die liturgischen Texte in seine eigen Sprache übersetzt hat. Die in Schönschrift verfassten Kladden sind ein wertvolles Zeugnis für die Einwurzelung des christlichen Glaubens auf der Insel Nias.

Das wichtigste Werkzeug für das Heimischwerden des Glaubens ist zweifelsohne die Feier des Gottesdienstes und die gemeinsamen Gebete. Der in Gebeten und Gesängen mit-geteilte Glaube sitzt viel tiefer, als das im Religionsunterricht erlernte „Fachwissen“. Darum ist das Liturgische Büro in Gunungsitoli auch ein ganz praktischer Ort der Glaubensverkündigung und -vetiefung. Hier wurde auch in zwei Tanzseminaren der liturgische Tanz in der Diözese entwickelt. „Wir haben heute keinen Festgottesdienst mehr ohne liturgische Tänze.“ Wenn man im Gottesdienst den kraftvolle Gesang der Gemeinde bewundert, hört man zwar auch Melodien, die uns aus Deutschland bekannt sind. Aber es gibt schon fast 200 liturgische Gesänge, die auf den einheimischen Musikstil aufbauen. Zuletzt versammelte Br. Hadrian Hess gemeinsam mit dem deutschen Jesuiten P. Prier 2002 ein Kompositionsseminar. Fast 40 Männer und Frauen nahmen an diesem 4. Kurs seiner Art teil. „Die niasische Musik kennt kein Dur und Moll. Hier ist die Musik entweder männlich oder weiblich. Auch benutzt man hier Zahlen statt Noten. Das vereinfacht die Schreibweise.“

Gottes Wort den Menschen auf Nias bringen, das war von Anfang an das Anliegen der Kapuziner aus Deutschland und Südtirol. Für die Niaser ist klar, Gott spricht auch Niasisch. Er versteht ihre Gebete, Gesänge und Tänze. Die neue Nias-Bibel ist ein weiteres Zeichen dafür.